Aber bitte nur mit Regenhose!

Unsere Gruppe von acht Personen ist früh von der Hochjoch-Hospiz Hütte zur Vernagthütte aufgebrochen, um einem angekündigten Unwetter davonzulaufen. Man weiß, dass das fast zu gut geklappt hat, wenn man an der Zielhütte mit „Guten Morgen!“ begrüßt wird.

Unsere Truppe geht in leicht verändernder Besetzung nun schon seit einigen Jahren mindestens einmal pro Jahr gemeinsam auf Bergtour. Und was macht man, wenn man noch vor dem Zwölferläuten auf der Hütte hockt? Man kurbelt natürlich den Hütten-Umsatz an und kommt auf Gedanken.

Tatjana Mahr, gemeinsam mit ihrem Mann Ingo „Misses und Mister Alpiner Basiskurs“ in der DAV Sektion Heilbronn hat eine Idee und sagt: „Schreib doch mal was, dass wir nun schon so viele Jahre zusammen auf Tour gehen.“ Tja, nun.

Im Jahr 2017 hatte ich mich zu einem dieser mysteriösen „Alpinen Basiskurse“ beim DAV Heilbronn angemeldet. Wetterkunde, Gehen in weglosem Gelände, richtiges Verhalten auf einem Schneefeld, Karte, Kompass, – das ganze Programm. Kann ja nicht schaden, wenn man künftig öfters mal in diese Berge will. Bei der Vorbesprechung im Alpinzentrum in der Heilbronner Lichtenbergerstraße fand traf sich unsere Gruppe zum ersten Mal. Vier Männer, zwei Frauen, nie vorher gesehen. Die Frage nach den Fahrern war schnell geklärt. Die Frage nach dem Wetter auch. Bergwanderführerin Tatjana: „Wetter ist immer schlecht!“ Weshalb, so führte sie weiter aus, man auch immer und zu jeder Zeit unbedingt eine Regenhose mit sich führen müsse. Sie kennt sich halt aus, das Wetter war tatsächlich zeitweise durchwachsen. Die Regenhose bliebt aber trotzdem weiter das mit einigem Abstand unbeliebteste Ausrüstungsstück. Vermutlich, weil der Coolness-Faktor schwer gegen Null geht.

Das feuchte Wetter beim Basiskurs bot dafür die Gelegenheit, auf dem Boden in der Stube der Neuen Heilbronner Hütte das Biwakieren zu üben und am Tisch fleißig Navigation mit Karte und Kompass zu pauken. Für praktische Übungen im nahen Schneefeld, einen Abstecher zum Valschavielkopf und eine Traumtour zur Gaisspitze spielte das Wetter dann zum Glück doch noch mit.

Wichtiger als der Wetterbericht: Die Chemie in der Gruppe stimmte, die Chefin tat mit Sachkunde und guter Laune ihr Übriges zu einem rundum gelungen Kurs, der bei allen das Bergfieber so richtig entfachte. Am Ende war die Stimmung so gut, dass beschlossen wurde, doch gemeinsam eine weitere Tour anzugehen. Das ist in der Euphoria einer schönen Tour vielleicht nicht ganz unüblich. Häufig kommt die Fortsetzung aber dann nicht zustande, weil der Alltag mit seinen Dauerterminen dazwischenfunkt. Aber selbst, wenn man die Folge-Tour auf die Beine stellt – die nächste, noch größere Hürde ist es, aus der einmaligen Fortsetzung eine dauerhafte Tradition werden zu lassen.

In unserem Fall hat es geklappt! Unsere Basiskurs-Truppe hat gemeinsam den Mindelheimer Klettersteig geknackt, war unterwegs im Rätikon zum Lünersee, hat das Lechquellgebirge erkundet und die Silvretta durchgestiefelt. Es gab nur minimale Veränderungen in der Gruppenzusammensetzung und immer gern gesehene Gaststars (Hallo, Ingo!). Tatsächlich haben wir seit dem Basiskurs jedes Jahr mindestens eine gemeinsame Bergtour auf die Beine gestellt, flankiert von zahlreichen Biergarten-Exkursionen in heimischen Gefilden und jüngst sogar einem Mountainbike-Ausflug in den Pfälzer Wald.

Die Hürden sind genommen, die Tradition ist etabliert. Und die Regenhose natürlich Jahr für Jahr im Rucksack, wo sie hoffentlich auch bleibt! Das ist Vereinsleben, wie es schöner nicht sein kann.

Stefan Winterbauer